Modell- und Prototypenbau
Anwendung von Silikonen im Modell- und Prototypenbau
Silikone haben sich im Modell- und Prototypenbau als unverzichtbare Materialien etabliert. Ihre einzigartigen Eigenschaften, insbesondere die hohe Flexibilität, Detailtreue und chemische Beständigkeit, ermöglichen die effiziente und kostengünstige Herstellung von Duplikaten, Kleinserien und komplexen Prototypen. Sie dienen primär der Erstellung von flexiblen Formen für den Abguss verschiedenster Materialien und sind somit ein Kernstück im Bereich des Vakuumgießens und des Rapid Toolings.



Anwendungsbereiche und Beispiele:
Die Vielseitigkeit von Silikonen im Modell- und Prototypenbau zeigt sich in einer breiten Palette von Anwendungen:
- Formenbau für das Vakuumgießen (Vakuumguss): Dies ist der häufigste Anwendungsbereich. Nach der Erstellung eines Urmodells (Mastermodells) – oft mittels 3D-Druck (SLA, FDM, PolyJet) oder CNC-Fräsen – wird dieses in Flüssigsilikon eingebettet. Nach dem Aushärten des Silikons und dem Entformen des Urmodells entsteht eine hochpräzise und flexible Gießform. In diese Form können dann verschiedene Materialien wie Polyurethane, Epoxidharze, Wachse oder auch niedrigschmelzende Metalle im Vakuum vergossen werden, um Duplikate herzustellen.
- Beispiele: Funktionale Prototypen von Elektronikgehäusen, medizinischen Geräten, Konsumgütern; Kleinserien von komplexen Bauteilen; Designmodelle für Präsentationen.
- Rapid Tooling / Soft Tooling: Silikonformen ermöglichen die schnelle und kostengünstige Herstellung von Werkzeugen für Kleinserienfertigungen, insbesondere wenn Spritzgusswerkzeuge zu teuer oder die Stückzahlen zu gering sind.
- Abformung von Design- und Kunstmodellen: Für die Duplizierung von Skulpturen, Ornamenten oder komplexen Designstudien, bei denen eine hohe Detailwiedergabe gefragt ist.
- Maskenbau und Spezialeffekte (Film/Theater): Herstellung von flexiblen Gussformen für Gesichtsabdrücke, prothetische Masken oder Spezialeffektteile.
- Bauteile aus Silikon: Direkte Fertigung von flexiblen Silikonbauteilen (z.B. Dichtungen, Dämpfer, flexible Kappen) durch Gießen des Silikons in starre Formen oder durch direkten Formbau mit speziellem gießbaren Silikon.
Besonders geeignete Silikone für den Modell- und Prototypenbau
Im Modell- und Prototypenbau werden hauptsächlich Additionvernetzende Silikone (A-Silikone) eingesetzt. Diese werden oft als "RTV-2 Silikone" (Room Temperature Vulcanizing, 2-Komponenten) bezeichnet. Sie zeichnen sich durch folgende Merkmale aus:
- Platin-katalysiert: Sie vernetzen durch eine Additionsreaktion unter Beteiligung eines Platinkatalysators. Dies führt zu sehr dimensionsstabilen und langzeitbeständigen Formen, die keine flüchtigen Spaltprodukte freisetzen (im Gegensatz zu kondensationsvernetzenden Silikonen).
- Shore-Härte: Erhältlich in einer breiten Palette von Shore-Härten (z.B. Shore A 10 bis Shore A 60), wodurch die Flexibilität der Form an die Komplexität des Urmodells und die Entformbarkeit angepasst werden kann. Weichere Silikone eignen sich für stark hinterschnittene Modelle, härtere für einfachere Geometrien und höhere Standzeiten.
- Viskosität: Von dünnflüssig (für beste Detailwiedergabe und Entlüftung) bis pastös (für den Auftrag auf vertikale Flächen).
- Standzeit / Lebensdauer der Form: Platin-vernetzte Silikone bieten eine hervorragende Standzeit und ermöglichen eine hohe Anzahl von Abgüssen, bevor die Form Ermüdungserscheinungen zeigt.
Vorteile von Silikonen im Modell- und Prototypenbau:
- Hervorragende Detailwiedergabe: Silikone bilden selbst feinste Strukturen und Texturen des Urmodells präzise ab.
- Hohe Flexibilität/Elastizität: Ermöglicht das problemlose Entformen von komplexen oder stark hinterschnittenen Geometrien, ohne das Urmodell oder die Form zu beschädigen.
- Dimensionsstabilität: Die Formen behalten ihre Abmessungen auch über längere Zeiträume bei, was eine konsistente Qualität der Abgüsse gewährleistet.
- Chemische Beständigkeit: Silikonformen sind gegenüber einer Vielzahl von Gussmaterialien (Polyurethane, Epoxidharze, Polyester, Wachse, Gips) beständig und lassen sich auch nach der Verwendung gut reinigen.
- Temperaturbeständigkeit: Die Formen können auch bei höheren Temperaturen eingesetzt werden, z.B. zum Vergießen von Wachsen oder zur Aushärtung von Gießharzen im Ofen.
- Lange Lebensdauer der Form: Eine Silikonform kann für Dutzende bis Hunderte von Abgüssen verwendet werden, je nach Komplexität und Gussmaterial.
- Effizienz und Kostenersparnis: Ermöglicht die schnelle und wirtschaftliche Fertigung von Kleinserien und Prototypen ohne teure Werkzeuginvestitionen.
- Einfache Handhabung: RTV-2 Silikone sind relativ einfach zu verarbeiten und erfordern keine spezielle Ausrüstung (abgesehen von ggf. einer Vakuumpumpe).

Anwendungshinweise:
- Vorbereitung des Urmodells:
- Sauberkeit: Das Urmodell muss absolut sauber, fettfrei und trocken sein. Rückstände können die Aushärtung beeinflussen oder sich auf die Form übertragen.
- Trennmittel: Bei der Verwendung von porösen Urmodellen (z.B. Holz, Gips, unversiegelter 3D-Druck aus FDM) oder wenn das Silikon nicht haften soll, ist ein geeignetes Trennmittel (z.B. Wachs, PVA-Film, Silikon-Trennmittel) unerlässlich. Testen Sie das Trennmittel vorab an einer unauffälligen Stelle.
- Versiegelung: Bei sehr porösen Urmodellen kann eine Versiegelung (z.B. mit Klarlack, Sealer) vor dem Auftragen des Trennmittels sinnvoll sein, um zu verhindern, dass das Silikon in die Poren eindringt und das Entformen erschwert.
- Mischen der Silikonkomponenten:
- Exaktes Mischungsverhältnis: Wiegen oder messen Sie die Komponenten (Basis und Katalysator) präzise nach Herstellerangaben. Eine Küchenwaage reicht oft nicht aus; eine Feinwaage ist empfehlenswert.
- Gründliches Mischen: Mischen Sie die Komponenten sorgfältig und homogen. Achten Sie darauf, die Seiten und den Boden des Mischgefäßes mit einzubeziehen, um eine vollständige Vernetzung zu gewährleisten. Schaben Sie ggf. mit einem Spatel nach.
- Lufteinschlüsse vermeiden: Mischen Sie langsam und kontrolliert, um möglichst wenig Luft einzurühren.
- Entlüften (Vakuumieren):
- Vakuumkammer: Für blasenfreie Formen ist das Vakuumieren des gemischten Silikons in einer Vakuumkammer unerlässlich. Das Silikon schäumt dabei kurz auf und fällt dann zusammen, wenn die Luft entweicht.
- Alternative (bei kleinen Mengen): Bei sehr kleinen Mengen kann vorsichtiges Schütteln oder Klopfen des Behälters helfen, größere Blasen aufsteigen zu lassen.
- Einbetten des Urmodells und Gießen der Form:
- Formkasten: Bauen Sie einen dichten Formkasten um das Urmodell, der das flüssige Silikon sicher umschließt. Der Formkasten sollte etwas größer als das Urmodell sein, um eine ausreichende Wandstärke der Silikonform zu gewährleisten.
- Einlass und Entlüftung: Planen Sie gegebenenfalls Gießkanäle und Entlüftungsöffnungen ein, insbesondere bei komplexen Formen.
- Langsames Eingießen: Gießen Sie das entlüftete Silikon langsam und gleichmäßig in einer Ecke des Formkastens ein, damit es das Urmodell von unten nach oben umschließt und Lufteinschlüsse vermieden werden.
- Aushärtung und Entformen:
- Aushärtezeit beachten: Lassen Sie das Silikon vollständig aushärten. Die vom Hersteller angegebene Zeit sollte nicht unterschritten werden, da eine vorzeitige Entformung die Form beschädigen kann.
- Temperatur: Die Umgebungstemperatur beeinflusst die Aushärtezeit. Höhere Temperaturen beschleunigen, niedrigere verzögern die Reaktion.
- Vorsichtiges Entformen: Nach dem Aushärten die Silikonform vorsichtig vom Urmodell lösen. Bei mehrteiligen Formen die Passgenauigkeit prüfen.
- Sicherheit und Lagerung:
- Persönliche Schutzausrüstung: Tragen Sie stets Schutzhandschuhe und Schutzbrille. Arbeiten Sie in gut belüfteten Räumen oder unter einem Abzug.
- Inhibierung vermeiden: Vermeiden Sie jeglichen Kontakt von platinvernetzten Silikonen mit schwefelhaltigen Materialien, Zinn oder Latex. Reinigen Sie alle Werkzeuge gründlich.
- Lagerung der Formen: Lagern Sie die fertigen Silikonformen sauber, trocken und lichtgeschützt, idealerweise bei Raumtemperatur, um die Lebensdauer zu maximieren.
Fazit
Silikone sind unverzichtbar für den Modell- und Prototypenbau, da sie durch ihre hohe Detailtreue und Flexibilität die schnelle und kostengünstige Herstellung von Duplikaten ermöglichen. Besonders im Vakuumguss sind sie entscheidend, um komplexe Geometrien präzise abzubilden. Die richtige Verarbeitung von platinvernetzten Silikonen sichert langlebige, hochwertige Formen und verkürzt Entwicklungszeiten erheblich.