Body Casting
Einsatz von Silikon im Body Casting
Body Casting, die Kunst des Abformens von Körperteilen oder des gesamten Körpers, hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer Nische in der Kunst und Medizin zu einem etablierten Verfahren in verschiedenen Bereichen entwickelt. Ob für künstlerische Skulpturen, medizinische Prothesenanpassungen, forensische Untersuchungen, Spezialeffekte in Film und Fernsehen oder auch als intime Erinnerungsstücke – die präzise und sichere Abformung des menschlichen Körpers erfordert spezielle Materialien. Unter diesen Materialien hat sich Silikon aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften als bevorzugtes Medium für den Großteil des modernen Body Castings etabliert. Dieser Artikel beleuchtet die Vor- und Nachteile von Silikon im Body Casting und gibt detaillierte Hinweise zur Verarbeitung.



Materialauswahl
1. Warum Silikon für Body Casting? Eine Materialübersicht
Historisch wurden für Abformungen des menschlichen Körpers oft Alginat, Gipsbinden oder auch Gelatine verwendet. Während diese Materialien ihre Berechtigung für bestimmte Anwendungen haben, bieten Silikone eine überlegene Kombination von Eigenschaften, die sie für anspruchsvolle Body-Casting-Projekte prädestinieren.
Silikone sind synthetische Polymere, die auf Silizium basieren. Für Body Casting werden in der Regel additionsvernetzende Silikone (Platinsilikone) oder kondensationsvernetzende Silikone eingesetzt. Platinsilikone sind dabei die bevorzugte Wahl, da sie hautverträglicher sind und eine höhere Detailgenauigkeit sowie Formstabilität bieten.
Die Schlüsselmerkmale, die Silikon für Body Casting so attraktiv machen, sind:
- Hautfreundlichkeit (Biokompatibilität): Besonders additionsvernetzende Silikone in medizinischer Qualität sind inert, ungiftig und reizen die Haut nicht. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da das Material direkt auf der Haut des Modells angewendet wird.
- Hohe Detailwiedergabe: Silikone können selbst feinste Hautporen, Haare und Fingerabdrücke präzise abbilden. Dies ermöglicht äußerst realistische und lebensechte Abformungen.
- Flexibilität und Elastizität: Nach der Aushärtung bleibt Silikon flexibel und elastisch. Dies erleichtert das Entformen, insbesondere bei komplexen oder unterätzten (hinterschnittenen) Formen, ohne das Modell oder die Form zu beschädigen.
- Reißfestigkeit und Haltbarkeit: Silikonformen sind sehr reißfest und können mehrfach verwendet werden, was sie wirtschaftlicher macht, wenn mehrere Abgüsse benötigt werden. Sie sind zudem alterungsbeständig und schrumpfen kaum.
- Antihaft-Eigenschaften: Silikon haftet nicht an den meisten Oberflächen (einschließlich Haut), was das Ablösen der Form nach der Aushärtung vereinfacht. Ein Trennmittel ist in der Regel nicht notwendig, kann aber bei behaarten Körperpartien hilfreich sein.
- Temperaturbeständigkeit: Ausgehärtetes Silikon ist temperaturbeständig, was die Weiterverarbeitung der Form mit verschiedenen Gussmaterialien (z.B. Wachs, Gips, Kunstharze) ermöglicht.
2. Vorteile und Nachteile von Silikon im Body Casting
Obwohl Silikon viele Vorteile bietet, gibt es auch Aspekte, die bei der Planung und Durchführung eines Body-Casting-Projekts berücksichtigt werden müssen.
Vorteile im Detail:
- Sicherheit für das Modell: Die biokompatiblen Eigenschaften von Platinsilikonen minimieren das Risiko von Hautirritationen oder allergischen Reaktionen. Dies ist ein entscheidender Faktor, da das Material für längere Zeit auf der Haut verbleiben kann.
- Einmalige Detailgenauigkeit: Keine andere Abformmasse erreicht die Detailtreue von Silikon. Dies ist besonders wichtig für künstlerische Arbeiten oder medizinische Anwendungen, wo jeder Nuance Bedeutung zukommt.
- Wiederverwendbarkeit der Form: Eine sorgfältig erstellte Silikonform kann für viele Abgüsse verwendet werden, was die Effizienz und Wirtschaftlichkeit bei der Produktion von Serien oder Prototypen erhöht.
- Einfaches Entformen: Die Flexibilität des ausgehärteten Silikons ermöglicht ein sanftes Abziehen von der Haut, auch bei schwierigen Konturen. Dies erhöht den Komfort für das Modell und schont die Form.
- Vielfältige Gussmaterialien: In Silikonformen können diverse Materialien wie Gips, Wachs, Harze (Polyurethan, Epoxid), Zement oder sogar Metalle (niederschmelzende Legierungen) gegossen werden.
- Lange Topfzeit bei gleichzeitig schneller Aushärtung (je nach Typ): Viele Silikone bieten eine ausreichende Verarbeitungszeit (Topfzeit) und härten dann relativ schnell aus, was den Prozess effizient gestaltet.
Nachteile im Detail:
- Kosten: Silikone, insbesondere additionsvernetzende Platinsilikone, sind im Vergleich zu Alginat oder Gips deutlich teurer. Dies kann ein limitierender Faktor für größere Projekte oder Einsteiger sein.
- Gewicht der Form: Eine vollflächige Silikonform, insbesondere von großen Körperteilen, kann sehr schwer sein. Dies erfordert eine stabile Stützform.
- Benötigt eine Stützform (Mutterform): Aufgrund seiner Flexibilität benötigt Silikon eine starre Außenform (z.B. aus Gipsbinden oder GFK), um seine Form während des Gießvorgangs zu halten und Verformungen zu vermeiden. Dies erhöht den Arbeitsaufwand und Materialverbrauch.
- Umgang mit Haaren: Bei behaarten Körperpartien (z.B. Brust, Arme) kann es beim Abziehen der Silikonform schmerzhaft sein, da Haare im Silikon eingeschlossen werden können. Hier sind spezielle Vorbereitungen (Rasieren, Eincremen, Verwenden von Trennmittel) notwendig.
- Verarbeitungszeit und Temperaturabhängigkeit: Die Aushärtezeit von Silikonen ist temperaturabhängig. Bei niedrigen Temperaturen verlängert sich die Aushärtezeit erheblich, was den Prozess verlangsamen kann.
- Empfindlichkeit gegenüber Inhibitoren (nur bei Platinsilikonen): Platinsilikone können durch bestimmte Substanzen (z.B. Schwefel, Zinn, Latex, Amine) in ihrer Aushärtung gehemmt werden. Dies muss bei der Vorbereitung des Modells (z.B. Schmuck, Kleidung, bestimmte Kosmetika) und der Auswahl der Werkzeuge beachtet werden.

Anwendung
3. Hinweise zur Verarbeitung von Silikon im Body Casting
Die erfolgreiche Durchführung eines Body-Casting-Projekts mit Silikon erfordert sorgfältige Planung und präzise Ausführung.
3.1. Vorbereitung des Modells und des Arbeitsbereichs:
- Hautvorbereitung: Die Haut des Modells sollte sauber und trocken sein. Bei behaarten Stellen ist es ratsam, die Haare zu rasieren. Alternativ können die Haare großzügig mit einer fetthaltigen Creme (z.B. Vaseline) oder einem speziellen Silikon-Trennmittel behandelt werden, um das Ablösen zu erleichtern und Schmerzen zu vermeiden.
- Kleidung und Schutz: Das Modell sollte Kleidung tragen, die schmutzig werden darf, oder durch Folie und alte Tücher geschützt werden. Der Arbeitsbereich sollte ebenfalls gut abgedeckt sein.
- Positionierung des Modells: Das Modell muss eine bequeme und stabile Position einnehmen können, die während des gesamten Abformvorgangs beibehalten werden kann. Eine gute Kommunikation mit dem Modell ist entscheidend, um dessen Komfort und Sicherheit zu gewährleisten.
- Sicherheit: Stellen Sie sicher, dass der Raum gut belüftet ist. Tragen Sie Nitrilhandschuhe (keine Latexhandschuhe, da Latex die Aushärtung von Platinsilikonen hemmen kann!) und bei Bedarf Schutzkleidung und Schutzbrille.
3.2. Materialauswahl und Mischung:
- Typ des Silikons: Wählen Sie ein hautfreundliches additionsvernetzendes Silikon (Platinsilikon) speziell für Abformungen am Körper. Achten Sie auf die Shore-Härte des Silikons – für Body Casting sind weichere Silikone (z.B. Shore A 10-25) oft angenehmer und flexibler.
- Mischungsverhältnis: Das Mischungsverhältnis der beiden Komponenten (Basis und Katalysator) ist extrem wichtig und muss exakt den Herstellerangaben entsprechen. Abweichungen können zu unvollständiger Aushärtung oder Beeinträchtigung der Materialeigenschaften führen.
- Blasenfreies Mischen: Mischen Sie die beiden Komponenten gründlich und blasenfrei. Ein langsames und sorgfältiges Rühren ist entscheidend. Für professionelle Ergebnisse kann eine Vakuumentgasung der Silikonmischung notwendig sein, um Luftblasen zu entfernen, die die Detailtreue beeinträchtigen und Schwachstellen in der Form erzeugen können.
3.3. Auftragen des Silikons:
- Schichtenweise Auftrag: Das Silikon sollte schichtweise aufgetragen werden. Beginnen Sie mit einer dünnen "Detail-Schicht", die vorsichtig in alle Hautfalten und Poren gedrückt wird, um maximale Detailtreue zu gewährleisten. Ein Pinsel oder Spachtel kann hierbei hilfreich sein.
- Aushärtezeit beachten: Lassen Sie jede Schicht leicht anziehen, bevor Sie die nächste auftragen, um ein Verrutschen zu verhindern. Bei schnell aushärtenden Silikonen kann die Topfzeit kurz sein.
- Materialstärke: Tragen Sie ausreichend Material auf (meist 0,5 - 1 cm), um eine stabile und reißfeste Form zu gewährleisten, ohne dass das Silikon unnötig schwer wird.
3.4. Erstellen der Stützform (Mutterform):
- Notwendigkeit: Nach dem Aushärten des Silikons muss eine starre Stützform (Mutterform) um die Silikonform herum gebaut werden. Diese Mutterform gibt der flexiblen Silikonform die notwendige Stabilität beim späteren Gießen.
- Materialien für die Mutterform: Gipsbinden sind die am häufigsten verwendeten Materialien für Mutterformen im Body Casting. Alternativ können auch GFK (Glasfaserverstärkter Kunststoff) oder starre Schäume verwendet werden, die jedoch komplexer in der Handhabung sind.
- Formtrennung: Die Silikonform muss vollständig ausgehärtet sein, bevor die Mutterform aufgebracht wird. Bei der Erstellung der Mutterform ist darauf zu achten, dass sie in mehreren Segmenten erstellt wird, falls die Abformung hinterschnitten ist oder das Entformen anders erschwert wäre. Eine Trennung mit Vaseline oder Folie zwischen den Segmenten der Mutterform ist notwendig.
3.5. Entformen und Nachbearbeitung:
- Vorsichtiges Entformen: Sobald die Mutterform ausgehärtet ist, kann die gesamte Einheit vorsichtig vom Modell gelöst werden. Anschließend wird die Mutterform geöffnet und die Silikonform vorsichtig vom Körper abgezogen.
- Reinigung der Form: Die Silikonform sollte nach dem Entformen gereinigt werden, um Rückstände zu entfernen.
- Lagerung der Form: Lagern Sie die Silikonform zusammen mit der Mutterform an einem kühlen, trockenen Ort, um Verformungen zu vermeiden und ihre Lebensdauer zu verlängern.
3.6. Gießen in die Silikonform:
- Materialauswahl: Die Wahl des Gussmaterials hängt vom gewünschten Endprodukt ab (z.B. Gips für eine Büste, Harz für eine detaillierte Skulptur, Wachs für eine verlorene Form).
- Vorbereitung der Form: Stellen Sie sicher, dass die Silikonform sauber und trocken ist. Bei Bedarf kann ein Trennmittel auf Wasserbasis verwendet werden, obwohl Silikon in der Regel nicht haftet.
- Gießvorgang: Gießen Sie das Gussmaterial langsam und vorsichtig in die Silikonform, um Lufteinschlüsse zu vermeiden. Es kann hilfreich sein, die Form leicht zu schütteln oder zu klopfen, um Blasen aufsteigen zu lassen.
- Aushärten und Entformen: Lassen Sie das Gussmaterial vollständig aushärten, bevor Sie es vorsichtig aus der Silikonform entnehmen.
Fazit
Der Einsatz von Silikonen hat das Body Casting revolutioniert und ermöglicht die Schaffung von Kunstwerken und praktischen Anwendungen mit einer nie dagewesenen Detailtreue und Präzision. Trotz der höheren Kosten und der Notwendigkeit einer Stützform überwiegen die Vorteile in Bezug auf Sicherheit, Detailwiedergabe und Wiederverwendbarkeit. Mit der richtigen Vorbereitung, Materialkenntnis und sorgfältigen Ausführung können beeindruckende und lebensechte Abformungen des menschlichen Körpers realisiert werden, die dauerhafte Erinnerungen schaffen und neue künstlerische und technische Möglichkeiten eröffnen. Die fortlaufende Entwicklung von Silikontechnologien wird zweifellos weitere Innovationen in diesem faszinierenden Bereich vorantreiben.