Betonguss
Kondensationsvernetzende Silikone im Betonguss
Der Betonguss ist seit jeher ein zentrales Element in Bauwesen und Kunsthandwerk. Die Anforderungen an Präzision, Detailtreue und Oberflächenqualität steigen jedoch stetig. Hier hat sich Silikon als revolutionäres Formmaterial etabliert, und innerhalb der Silikonfamilie spielen kondensationsvernetzende Silikone eine besondere Rolle. Dieser Fachartikel widmet sich eingehend dem Einsatz von kondensationsvernetzenden Silikonen im Betonguss, beleuchtet ihre spezifischen Vor- und Nachteile und gibt detaillierte Anwendungshinweise für optimale Ergebnisse.
Einführung in kondensationsvernetzende Silikone
Kondensationsvernetzende Silikone, auch bekannt als RTV-2-Silikone (Room Temperature Vulcanizing), sind Zweikomponentensysteme, die bei Raumtemperatur aushärten. Sie bestehen aus einer Silikonbasis und einem Katalysator. Der Vernetzungsprozess findet durch eine chemische Reaktion statt, bei der ein Nebenprodukt (meist Alkohole oder Essigsäure) freigesetzt wird, das als Kondensat entweicht. Dies ist ein entscheidender Unterschied zu additionsvernetzenden Silikonen, die keine Nebenprodukte freisetzen.
Ihre einfache Handhabung, gute Verfügbarkeit und die Möglichkeit, auch große Formen zu realisieren, haben kondensationsvernetzende Silikone zu einer beliebten Wahl im Formenbau gemacht, insbesondere wenn es um die Vervielfältigung von komplexen Originalen für den Betonguss geht.



Vor- und Nachteile
Vorteile von kondensationsvernetzenden Silikonen im Betonguss
Die spezifischen Vorteile, die kondensationsvernetzende Silikone für den Betonguss bieten, sind:
- Kosteneffizienz: Sie sind in der Regel preiswerter als additionsvernetzende Silikone, was sie zu einer attraktiven Option für Projekte mit Budgetbeschränkungen oder für Anwender macht, die neu im Formenbau sind.
- Verarbeitungsvielfalt: Es gibt eine breite Palette an Shore-Härten und Verarbeitungszeiten, wodurch Anwender das passende Produkt für ihre spezifischen Anforderungen auswählen können. Von sehr weichen Silikonen für extrem filigrane Details bis hin zu härteren Varianten für robuste Formen ist alles erhältlich.
- Feuchtigkeitsunempfindlichkeit (bedingt): Während die Aushärtung selbst Feuchtigkeit benötigt (durch die Kondensationsreaktion), sind sie in gewissem Maße weniger empfindlich gegenüber Spuren von Feuchtigkeit auf dem Urmodell als additionsvernetzende Silikone, was bei der Modellvorbereitung von Vorteil sein kann.
- Gute Lagerfähigkeit: Die einzelnen Komponenten haben oft eine gute Lagerfähigkeit, sofern sie richtig gelagert werden.
- Luftblasenmanagement: Obwohl das Entlüften im Vakuum immer empfohlen wird, ist die Viskosität oft so, dass viele Luftblasen auch ohne Vakuum entweichen können, insbesondere bei langsamer Aushärtung, geringer Schichtdicke und niedrigen Shore-Härten (bis 20 ShA).
Nachteile von kondensationsvernetzenden Silikonen im Betonguss
Trotz ihrer Popularität weisen kondensationsvernetzende Silikone auch spezifische Nachteile auf, die bei der Auswahl des Materials berücksichtigt werden müssen:
- Schrumpfung: Durch die Abgabe von Kondensationsnebenprodukten während der Aushärtung zeigen diese Silikone eine messbare Schrumpfung, die zwischen 0,3 % und 0,8 % liegen kann. Dies kann bei sehr präzisen oder maßhaltigen Anwendungen kritisch sein.
- Kürzere Lebensdauer der Form: Im Vergleich zu additionsvernetzenden Silikonen neigen kondensationsvernetzende Formen dazu, mit der Zeit an Elastizität zu verlieren und spröder zu werden. Dies liegt an der fortgesetzten Freisetzung von Kondensationsnebenprodukten und einer geringeren Vernetzungsdichte. Die Lebensdauer der Form kann dadurch begrenzt sein, insbesondere bei aggressiver Nutzung oder Lagerung.
- Oberflächeninhibierung: Obwohl seltener als bei additionsvernetzenden Silikonen, können bestimmte Materialien auf dem Urmodell (z.B. Schwefel in einigen Tonen oder Latex) die Aushärtung der Silikonoberfläche behindern, was zu klebrigen Stellen führt.
- Geruchsentwicklung: Die bei der Aushärtung freigesetzten Nebenprodukte (z.B. Essigsäure) können einen merklichen Geruch verursachen, was eine gute Belüftung des Arbeitsbereichs erfordert.
- Geringere Reißfestigkeit: Im Allgemeinen bieten kondensationsvernetzende Silikone eine geringere Reißfestigkeit und Zugfestigkeit als additionsvernetzende Varianten. Dies kann bei häufigem Entformen komplexer oder scharfkantiger Betonobjekte zu vorzeitigem Verschleiß führen.
- Empfindlichkeit gegenüber Wasser: Obwohl Wasser für die Vernetzungsreaktion notwendig ist, kann zu viel Feuchtigkeit auf dem Urmodell oder in der Umgebungsluft die Qualität der Aushärtung und die Formoberfläche beeinträchtigen.
Anwendungshinweise für optimale Ergebnisse
Um die besten Ergebnisse mit kondensationsvernetzenden Silikonen im Betonguss zu erzielen und die Lebensdauer Ihrer Formen zu maximieren, beachten Sie folgende detaillierte Schritte:
1. Vorbereitung des Urmodells:
- Reinigung: Das Urmodell muss absolut sauber, fettfrei und staubfrei sein. Rückstände können die Detailwiedergabe beeinträchtigen oder die Aushärtung inhibieren.
- Versiegelung: Poröse oder saugende Materialien wie Holz, Gips, unversiegelter Ton oder einige 3D-Drucke müssen sorgfältig versiegelt werden. Verwenden Sie hierfür Lacke (z.B. Sprühlack), Wachse oder spezielle Siegellacke. Eine gründliche Versiegelung verhindert, dass Silikon in die Poren des Modells eindringt und die Entformung erschwert oder das Modell beschädigt.
- Trennmittel (optional, aber empfohlen): Auch bei nicht-porösen Urmodellen kann ein dünner Auftrag eines geeigneten Trennmittels (z.B. spezielles Silikon-Trennspray, Vaseline oder Pflanzenöl in dünnster Schicht) das spätere Entformen des Silikons vom Urmodell erleichtern und die Lebensdauer des Urmodells schützen. Bei bestimmten Urmodellen ist dies unerlässlich, um das Anhaften zu verhindern.
- Formkastenbau: Konstruieren Sie einen stabilen und dichten Formkasten um das Urmodell, der das flüssige Silikon sicher umschließt und die gewünschte Formdicke gewährleistet. Der Abstand zwischen Urmodell und Formkasten sollte mindestens 1-2 cm betragen, um eine ausreichende Materialstärke der Form zu gewährleisten.
2. Mischung und Verarbeitung des Silikons:
- Genaues Abmessen: Messen Sie die Silikonbasis und den Katalysator exakt nach den vom Hersteller angegebenen Mischungsverhältnissen ab. Eine ungenaue Mischung führt zu unvollständiger Aushärtung oder beeinträchtigt die Materialeigenschaften. Verwenden Sie hierfür präzise Waagen.
- Gründliches Mischen: Mischen Sie die beiden Komponenten sehr gründlich, aber langsam und vorsichtig, um Lufteinschlüsse zu minimieren. Achten Sie darauf, auch Material von den Seiten und vom Boden des Mischgefäßes einzurühren. Mischen Sie so lange, bis eine homogene, schlierenfreie Masse entsteht.
- Entlüften (sehr empfohlen): Obwohl kondensationsvernetzende Silikone oft selbstentlüftend sind, ist das Entlüften im Vakuum die beste Methode, um Luftblasen vollständig zu entfernen. Dies verhindert Fehlstellen in der Form und gewährleistet eine porenfreie Oberfläche des Betonobjekts. Wenn kein Vakuumgerät zur Verfügung steht, lassen Sie das gemischte Silikon für einige Minuten stehen, damit größere Blasen an die Oberfläche steigen können.
3. Gießen der Silikonform:
- Gießtechnik: Gießen Sie das entlüftete Silikon langsam und gleichmäßig von einem Punkt aus in den vorbereiteten Formkasten, idealerweise aus einer gewissen Höhe, um eventuell verbliebene Luftblasen zerplatzen zu lassen. Lassen Sie das Silikon von selbst über das Urmodell fließen, anstatt es zu verteilen.
- Schichtdicke: Stellen Sie sicher, dass die Form an allen Stellen eine ausreichende und möglichst gleichmäßige Dicke aufweist, um Stabilität und Langlebigkeit zu gewährleisten.
- Aushärtungszeit: Beachten Sie die vom Hersteller angegebene Verarbeitungszeit (Topfzeit) und Aushärtungszeit. Vermeiden Sie es, die Form vor vollständiger Aushärtung zu bewegen oder zu beanspruchen.
4. Vorbereitung der Silikonform für den Betonguss:
- Sorgfältiges Entformen vom Urmodell: Nach vollständiger Aushärtung des Silikons entfernen Sie den Formkasten und trennen Sie das Silikon vorsichtig vom Urmodell. Bei komplexen Formen kann ein sorgfältiger Schnitt mit einem scharfen Skalpell (z.B. Zickzack-Schnitt bei zweiteiligen Formen) notwendig sein, um ein einfaches Entformen des Betonobjekts zu ermöglichen.
- Reinigung: Reinigen Sie die Silikonform gründlich von Staub oder Resten des Urmodells.
- Trennmittel für Beton: Obwohl Silikon antihaftend ist, verlängert ein dünner Auftrag eines geeigneten Trennmittels für Beton (z.B. ein biologisch abbaubares Beton-Trennmittel oder ein dünner Film Pflanzenöl) die Lebensdauer der Silikonform und erleichtert das Entformen des Betonobjekts erheblich. Tragen Sie es dünn und gleichmäßig auf.
5. Betonguss und Entformung:
- Betonmischung: Verwenden Sie eine Betonmischung, die für Ihre Anwendung geeignet ist, idealerweise mit feiner Körnung, um Details gut abzubilden. Die Konsistenz sollte fließfähig, aber nicht zu wässrig sein.
- Verdichtung: Nach dem Einfüllen des Betons in die Silikonform ist eine gründliche Verdichtung unerlässlich, um Lufteinschlüsse zu entfernen und eine dichte, porenfreie Oberfläche zu erzielen. Dies kann durch Rütteln (z.B. auf einem Rütteltisch), Stampfen oder Klopfen an der Form erfolgen.
- Aushärtung des Betons: Lassen Sie den Beton ausreichend lange in der Form aushärten, bevor Sie ihn entformen. Die Aushärtungszeit hängt von der Betonmischung, der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit ab. Ein zu frühes Entformen kann das Betonobjekt beschädigen.
- Sorgfältiges Entformen: Gehen Sie beim Entformen des Betonobjekts aus der Silikonform vorsichtig und gleichmäßig vor, um Beschädigungen der Form oder des Betons zu vermeiden. Biegen und rollen Sie die Silikonform sanft vom Beton ab.
6. Pflege und Lagerung der Silikonform:
- Reinigung nach Gebrauch: Reinigen Sie die Silikonform sofort nach jedem Gebrauch gründlich von Betonresten. Verwenden Sie dazu Wasser, eine weiche Bürste oder einen Schwamm. Vermeiden Sie scharfe Reinigungsmittel oder abrasive Werkzeuge.
- Trocknung: Lassen Sie die Form vollständig an der Luft trocknen, bevor Sie sie lagern.
- Lagerung: Lagern Sie die Silikonformen an einem sauberen, trockenen und dunklen Ort, geschützt vor direkter Sonneneinstrahlung, UV-Licht und extremen Temperaturen. Dies hilft, die Lebensdauer und Elastizität des Silikons zu erhalten. Formen sollten idealerweise flach oder so gelagert werden, dass keine dauerhafte Verformung entsteht.

Fazit
Kondensationsvernetzende Silikone sind eine hervorragende Wahl für den Formenbau im Betonguss, insbesondere durch ihr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ihre Fähigkeit, selbst feinste Details abzubilden. Obwohl sie im Vergleich zu additionsvernetzenden Silikonen eine geringere Reißfestigkeit und eine gewisse Schrumpfung aufweisen können, bieten sie eine beeindruckende Flexibilität und sind bei richtiger Anwendung für eine Vielzahl von Gussvorgängen wiederverwendbar. Die genaue Beachtung der Anwendungshinweise – von der sorgfältigen Modellvorbereitung bis zur richtigen Mischung und Pflege der Formen – ist entscheidend, um die Vorteile dieser Silikone optimal zu nutzen und langlebige, detailreiche Betonobjekte zu fertigen.